Tilcara ist der nördlichste Stopp unseres Roadtrips durch den Norden Argentiniens. Vor zwei Wochen sind wir in Mendoza gestartet. Mehr als 1.500 Kilometer haben wir mittlerweile durch die leeren, wunderschönen Weiten zurückgelegt. In Tilcara wollen wir uns ausreichend Zeit nehmen, um die Gegend zu erkunden und die letzten Tage unserer Weltreise genießen.
Der kleine, verträumte Ort besteht aus einem kleinen Hauptplatz und unbefestigten, staubigen Straßen. Auf einer Höhe von knapp 2.500 Metern ist es auch im argentinischen Herbst tagsüber wunderbar warm. Abends wird es dann aber auch schnell kalt, sodass wir unsere langen Klamotten mal wieder nutzen.
Tilcara ist der perfekte Ausgangspunkt für zahlreiche Ausflüge in die Region. Zum ersten Mal auf der Tour durch Argentinien begegnen wir wirklich zahlreichen Touristen. Kein Wunder, bei den vielen Optionen, die diese Gegend bietet.
Der kleine Marktplatz Tilcaras ist umringt von Ständen, die Souvenirs, Klamotten und Handarbeit verkaufen. Die Nähe zu Bolivien wird deutlich. Gesichtsform und Hautfarbe der Argentinier haben sich verändert. Wir fühlen uns fast schon mit einem Bein in Bolivien. Und mit den farbenfrohen, selbstgestrickten Pullovern und Mützen, die auf dem Marktplatz angeboten werden, bringen die Besucher ein Stück indigene Tradition mit nach Hause.
In Tilcara laufen die Uhren langsamer. Stress kennt man hier nicht. Siesta dagegen schon. Und wie. Wer zwischen 12 Uhr und 17 Uhr etwas kaufen möchte – Pech gehabt. Nicht mal der kleine Kiosk an der Ecke hat geöffnet. Gut, dass wir eine Unterkunft mit Kochzeile haben, so besteht keine Gefahr, dass wir mittags verhungern 😉
Dennoch hat sich Tilcara auf seine Besucher eingestellt. Die Auswahl an Restaurants und Cafés ist groß und vielfältig. Ganz anders als in den vielen kleinen Orten, die wir zuvor durchfahren haben, gibt es in Tilcara Pizzerien, italienischen Kaffee und französische Croissants. Die Abwechslung finden wir klasse. Endlich mal eine Auswahl und nicht nur ein (!) geöffnetes Restaurant wie sooft zuvor in den letzten Tagen auf dem Weg von Mendoza gen Norden durch die argentinische Pampa.
Doch Tilcara ist nur die Hälfte wert, wenn man seine Umgebung verschweigt. Umringt ist der Ort von hohen, rostfarbenen Bergen, die wie angemalt aussehen. Morgens, wenn die Sonne langsam die Felsen hinaufklettert und die rot- und gelbfarbigen Ebenen besonders magisch leuchten, möchten wir nie wieder fort.
Von Tilcara aus lassen sich viele Ausflüge unternehmen. Der bekannteste führt zur Serranía de Hornocal. Die hohen Berge, deren Gesteinsebenen aus farbigen Zick-Zack-Linien aussehen wie Kunst, sind unbeschreiblich faszinierend. Als wir die Ruta 9 entlang fahren, können wir das beeindruckende Naturwunder schon erahnen. Um ihm nahe zu kommen, geht es aber erstmal eine Stunde die Schotterpiste in steilen Serpentinen bergauf. Von 3.100 Metern bringt uns unser Mietwagen ganz tapfer auf 4.350 Meter.
Wir sind früh in Tilcara aufgebrochen, um El Hornocal bei morgendlichem Sonnenlicht zu bestaunen. Vormittags, wenn die Sonne direkt auf die Gesteinsebenen strahlt, fehlen bei dessen Anblick wirklich die Worte. 50 Pesos Eintritt werden je Auto fällig, dann sind dem Staunen keine Grenzen mehr gesetzt.
Fassungslos, atemlos, sprachlos stehen wir da. Was ist das? Ist das echt? Ist das wirklich natürlich entstanden? Nicht zu glauben. Mehrere Hundert Meter breit und ebenso viele in der Höhe strecken sich die Zick-Zack-Linien vor uns aus. Da war doch ein Kind oder ein Maler am Werk. Es ist einfach nicht vorstellbar, dass die Natur diese Kunst selbst geschaffen hat.
Wir setzen uns auf das dürre Gras und halten inne. Kein Mucks ist zu hören. Die wenigen Besucher, die um diese Zeit mit uns hier oben sind, sitzen gleichfalls sprachlos da und versuchen, dieses Naturerbe in Worten zu beschreiben.
Lange, sehr lange sitzen wir einfach nur bewegungslos in Argentiniens sagenhafter Landschaft. Die Felsen wurden im Laufe der Millionen von Jahren so ausgewaschen, dass bis zu 14 verschiedene Gesteinsschichten in unterschiedlichen Farben zum Vorschein kamen. Mit bester Aussicht auf dieses unbeschreibliche Panorama lassen wir die Stunden verstreichen.
Am Parkplatz werden frische Tortillas gefüllt mit Käse und Schinken direkt vom Kohlegrill verkauft. Eine gerne genommene Stärkung inmitten der vielleicht beeindruckendsten Landschaft, die wie je gesehen haben.
Langsam machen wir uns auf den Rückweg. Kurve um Kurve geht es hinunter und zurück auf die Landstraße nach Tilcara. Zurück bleiben Dankbarkeit, Faszination und Sprachlosigkeit.
Direkt in Tilcara startet eine knapp zweistündige Wanderung zur Garganta del Diablo. Der recht anspruchsvolle Weg führt über unbefestigte Steine und stetig bergauf. Die Sonne scheint rücksichtslos auf uns herab während wir schwitzend hinauf stiefeln. Feste Schuhe anzuziehen war auf jeden Fall eine gute Entscheidung. Und die mit dem Cap als Sonnenschutz auch. Gerade vormittags, wenn die Sonne die farbigen Berge in der Ferne extra schön beleuchtet, lohnt diese Wanderung.
Für 50 Pesos Eintritt erhalten wir Zutritt zur Garganta del Diablo, dem Teufelsrachen. Eine tiefe, dunkle Schlucht tut sich vor uns auf. Entlang von schroffen Felsen, spärlich bewachsen, führen Stufen hinab zu einem schmalen Flusslauf. Ein paar Kakteen wachsen auf den kantigen Klippen, die sich mächtig über unseren Köpfen empor strecken. Das Ziel der Wanderung in ein Wasserfall. In der Ferne hören wir bereits sein Rauschen.
20 Minuten geht es im Flussbett entlang durch den Canyon. Dieser ist durch die Verschiebung von Erdplatten entstanden. Ein paar Mal müssen wir den Fluss überqueren. Von Stein zu Stein springen wir über das immer breiter werdende Wasser. Unsere wasserfesten Schuhe tun brav ihren Dienst. Angekommen am Wasserfall machen wir eine Pause im Sonnenschein. Butterbrot und Müsliriegel liefern uns frische Energie für den Rückweg.
Dann treten wir den Heimweg nach Tilcara an. Weniger als 20 Besucher sind mit uns in der Schlucht unterwegs. Vögel kreisen über unseren Köpfen und das Wasserrauschen begleitet uns noch ein paar Minuten bevor wir wieder den Schotterweg erreichen.
Kurz vor Tilcara machen wir noch eine Kaffeepause in einem kleinen, fast unscheinbaren Garten-Café. Auch kalte Getränke und Snacks sind hier im Angebot. So geht eine schöne, gar nicht so wenig anstrengende Wanderung gemütlich zu Ende.
Unser ursprünglicher Plan für die Zeit in Südamerika war eine Tour durch Nord-Argentinien, hinein nach Bolivien in die Uyuni-Wüste und weiter nach Chile in die Atacama-Wüste. Nach den ersten Tagen in Argentinien war uns aber ziemlich schnell klar, dass wir dieses Land, unser aktuelles Lieblingsland in Südamerika, nicht so schnell wieder verlassen möchten. So entscheiden wir uns gegen Chile und Bolivien und für eine Autotour von Mendoza über Santa bis nach Tilcara.
Unser Mini-Ersatz für die Salzwüsten in Chile und Bolivien sind die Salinas Grandes etwa 90 Autominuten westlich von Tilcara. Von Tilcara beziehungsweise Purmamarca aus führt die Strecke über einen Pass auf 4.170 Metern. Die Serpentinen führen hinauf durch ein Bergpanorama in allen erdenklichen Farben. Rot, Kupferfarben, Senftöne, Violett, Anthrazit, Smaragdgrün. Die Felsen hier im Norden von Argentinien überraschen uns mit ihrer Vielfalt auch nach knapp drei Wochen immer wieder aufs Neue.
Dann… der erste Blick auf die weiße Ebene in der Ferne: wow! Da ist nun also tatsächlich Salz? Mitten in den Bergen kurz vor Grenze zu Chile? Genial. Einfach genial. Was uns dort wohl erwartet? Fragen schießen uns durch den Kopf. Festes Salz? Pfützen? Matsch?
Die Auflösung folgt als wir das Ziel erreicht haben und am Rande der 212 Quadratkilometer großen Fläche stehen. Die Ebene ist komplett fest. Fast sieht sie aus wie festgetretener Schnee. Doch es ist Salz – wie unser Geschmackstest bestätigt. Auf 3.450 Metern über dem Meerespiegel ist diese Fläche vor 5 bis 10 Millionen Jahren durch Bewegung von Erdplatten entstanden. Die Salzschicht ist 30 Zentimeter dick. In der Ferne glitzert es strahlend weiß.
Auf der Salzebene darf man nur mit Guide fahren. Für 300 Pesos je Auto geht es los. Ein Guide – nur in spanisch – setzt sich mit in unser Fahrzeug und wir tuckeln los. Während der einstündigen Tour über das Salz erfahren wir etwas über die Entstehung und die Zusammensetzung der Ebene. Mal wieder wünschen wir uns, besser spanisch zu sprechen. Aber das Erlebnis der Salinas Grandes wird dadurch zum Glück nur wenig getrübt. Drei Mal stoppen wir, um obligatorische Fotos mit optischer Täuschung zu machen. Es gibt keine Orientierungspunkte mitten im Weiß, sodass Größe und Relation von Menschen, Autos und anderen Gegenständen unklar sind. So entstehen lustige, beeindruckende Bilder als tolle Erinnerung zu diesem Ausflug.
Die pralle Sonne, die der weiße Boden zurückspiegelt, hat uns ganz schön ausgelaugt, als wir uns auf den Rückweg nach Tilcara aufmachen. Zuhause im Hotelgarten bleibt zum Glück noch Zeit für Erholung im Liegestuhl.
Den letzten Tag in Tilcara nutzen wir für einen kurzen Ausflug. 30 Fahrminuten nördlich von Tilcara liegt der versträumte, staubige Ort Uquia. Eine Wanderung von insgesamt etwa drei Stunden führt hinein in die Quebrada De Las Señoritas. Wieder sind wir direkt morgens aufgebrochen, um den richtigen Sonnenstand zu haben. Die Berge in der Region rund im Tilcara wirken bei Sonne und Schatten sehr unterschiedlich. Angestrahlt glänzen die verschiedenen Farben und Gesteinsschichten ganz wunderbar während im Schatten die Magie fast verloren geht.
Unsere Wanderung durch die Quebrada De Las Señoritas startet also bei besten Lichtverhältnissen. Auf einer Höhe von 3.200 Metern geht es stetig bergauf. Langsam wandern wir hinein in die Schlucht. Die Sonne brennt erbarmungslos auf uns nieder. Kein Schatten in Sicht. Ein paar karge Bäume und Büsche stehen am Wegesrand. Tja, wir haben es so gewollt. Schließlich möchten wir die Klippen im Sonnenlicht bestaunen.
Der Pfad, der teilweise schwierig zu erkennen ist, schlängelt sich durch trockene Flussbetten und kupferfarbenes Geröll. Das Herz pumpt und der Schweiß läuft. Immer weiter hinein geht es. Rechts und links strecken sich die rot leuchtenden Felsen dem klaren blauen Himmel entgegen. Der Blick geht zurück in das Tal. Auch jenseits des Tales auf der anderen Seite der Landstraße blicken wir auf mächtige Berge. Umringt von beeindruckender Natur. Mal wieder. Außer uns ist hier heute morgen keine Menschenseele unterwegs. Mal wieder. Mal wieder sind wir in der unfassbar weitläufigen Landschaft Argentiniens alleine unterwegs.
Der Canyon wird schmaler und das Wandern wird zum Klettern. Wir suchen uns im Schutze der Felsen ein schattiges Pausenplätzchen. Aus den roten Felsen sind hellgraue geworden, die in der Ferne dunkellila werden.
Wo war sie nochmal, die Zeitmaschine, die uns Millionen von Jahre zurückbringt, um miterleben zu können, wie diese Landschaft entstanden ist?
Die Wanderung in die Quebrada De Las Señoritas ist ein schöner, kurzweiliger Halbtagesausflug von Tilcara aus.
Tilcara ist in unseren Augen ein Muss für jeden, der in Nord-Argentinien unterwegs ist. Es ist nicht der kleine, verschlafene Ort, sondern seine sagenhafte Umgebung, die diesen Stopp unverzichtbar und unvergesslich macht. Wir haben die Tage in der faszinierenden Natur sehr genossen und sind schweren Herzens abgereist.
Alles zu unserem Roadtrip von Mendoza nach Salta im April 2019 findest du hier:
Am Ortsrand gelegen bietet die Villa del Cielo* einen Garten, leckeres Frühstück und eine tolle Aussicht. In Tilcara gibt es ausreichend Unterkünfte für jeden Geldbeutel. Besonders die Hotels mit Garten empfehlen sich, da es im Ort selbst eher staubig und trocken ist.
Ma`koka Tilcara: gemütliche Atmosphäre mit Bücherregalen, leckerer Kuchen und guter Kaffee
Bienmesabe: sehr leckere Pasta, guter Wein
Zur Vorbereitung auf unsere Reise und als ständiger Reisebegleiter hat sich das englischsprachige Buch Lonely Planet Argentina bewährt. Der Reiseführer liefert für einen schnellen Überblick über das Land, Informationen zu den verschiedenen Städten, Sightseeing-Tipps und vieles mehr.
Straßenverhältnisse:
Die Straßen in Nordargentinien sind sehr gut ausgebaut. Es sind wenig Autos unterwegs und die Straßen sind in einem guten Zustand. Die noch nicht asphaltierten Abschnitte werden Schritt für Schritt asphaltiert. Um auch diese Straßen komfortabel zu bewältigen, ist ein Auto mit Allradantrieb.
Die Region um Cachi ist nur mit Allradantrieb zu erreichen. Hier sollte man sich vor Anreise außerdem über die Straßenverhältnisse informieren, die nach langen Regenperioden nicht passierbar sein können.
Mietwagen:
Die Mietwagen-Agenturen Billiger-Mietwagen.de* und Rentalcars* nutzen wir, um Angebote und Preise zu vergleichen. Für weitere Tipps und Tricks bei der Mietwagenbuchung schaut doch gerne mal hier vorbei.
Lokale SIM-Karte:
Wir haben uns für einen Zeitraum von 20 Tagen eine lokale SIM-Karte in Argentinien gekauft. Die Karte vom Anbieter Claro kostet einmalig zehn Pesos. Für ein Datenvolumen von 3 Gigabyte zahlt man zusätzlich 210 Pesos. Das Gutgaben kann am Automaten in jedem Laden aufgeladen werden. Beim Kauf der SIM-Karte den Reisepass nicht vergessen.
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