Wie wir scheitern, Machu Picchu zu sehen

Zum Machu Picchu zu kommen, kostet Zeit. Zuerst muss man nach Cusco – entweder per Flugzeug oder per Bus. Dann dauert es mindestens zwei Tage bis man sich auf 3.399m üNN akklimatisiert hat.
Von Cusco zu den Ruinen von Machu Picchu sind es 72,64km Luftlinie. Hört sich machbar an. Theoretisch.
Wieder bleiben zwei Optionen, dort hinzukommen:
(a) wandern = mindestens 5 Tage
(b) Zug = 2,5 Stunden + Bus = 20 Minuten

Für uns geht es per Zug bis zum vielleicht unattraktivsten Ort der Welt nach Aguas Calientes. Diese Stadt braucht wirklich kein Mensch. Aguas Calientes dient lediglich als Übernachtungsstopp auf dem Weg zu den Ruinen. Und genau so zeigt es sich auch. Vollkommen verbaut mit schlechten Hotels und lieblosen Restaurants, die die schlechteste Pizza ever servieren. Aber – lange Rede kurzer Sinn – wir haben es bis dahin geschafft.

Der Einlass zum Machu Picchu ist von der UNESCO auf 2.500 Besucher pro Tag begrenzt. Sehr gut, hier wird mitgedacht.
Wir haben uns natürlich vorab online Tickets besorgt als wir vor ein paar Tagen von unser Galapagos-Tour (Naturwunder auf den Galápagos) zurück waren.

Um 5h00 morgens starten dann die ersten Shuttle-Busse. Die letzten 1,5km (Luftlinie) geht es in Serpentinen hoch in die Weiten der Anden (Reisezeit: 20 Minuten). Kein Wunder, dass man Machu Picchu erst so spät entdeckt hat. Die Jungs haben im Nirvana gebaut 😉 Als wir um 5h10 an der Bushaltestelle ankommen, ist die Schlange schon 30m lang. Früh aufstehen lohnt.

Um Punkt 6h00 öffnen sich oben die Tore. Eine große Traube wartet bereits darauf, sich endlich den Traum von Machu Picchu erfüllen zu dürfen. So auch wir. Was für ein besonderer Moment. Once in a lifetime.
Wir werden ziemlich abrupt aus unserem Tagtraum gerissen, als der Ticket-Scanner „invalid ticket“ anzeigt! Was? Wie? Hä? „You only have a voucher, no ticket“. Wie bitte? Nein! Ach du Schande. Was haben wir bloß falsch gemacht? Wir werden vom Einlasspersonal einfach zur Seite geschoben, die Masse muss schließlich schnell weiter abgefertigt werden. Perplex und mit Tränen in den Augen stehen wir da. Und nun? Der Traum ist geplatzt. Wegen der begrenzten Zuschauerzahlen ist es unmöglich, noch ein Ticket für heute zu kaufen. Und morgen Abend geht schon der Zug zurück nach Cusco. Tagsdarauf fliegen wir nach Brasilien. Keine Chance, hier noch länger zu bleiben. Was für ein Alptraum. Wir werden natürlich niemandem davon erzählen, dass wir es verbockt haben. Stattdessen behaupten wir einfach, dass unsere Kamera leider kaputt ging und wir deswegen keine Fotos haben. Ohjee, das kann man wirklich niemandem erzählen. Wie amateurhaft. Wir hätten den Voucher noch gegen ein Ticket tauschen müssen. Diese Aufforderung haben wir bei der Buchung wohl überlesen.

Neben dem Eingang ist ein schickes Hotel – wir greifen den letzten Strohhalm und fragen dort nach, ob wir an deren Computer versuchen können, neue Tickets für heute zu kaufen. Der Hotel-Mitarbeiter tut sein Bestes, uns zu helfen. Da unsere deutschen Kreditkarten (mal wieder) nicht akzeptiert werden, bietet er sogar an, die Tickets mit seiner Karte zu buchen. Wahnsinn, was für ein herzensguter Mann. Aber leider hat auch er keinen Erfolg. Das System akzeptiert auch seine Karte nicht. Tränen fließen – und Wut macht sich breit – Wut auf uns selbst. Wie kann man so dämlich sein!

Doch der Gute gibt uns den Tipp, „einfach“ im Ort neue Tickets zu kaufen.

Wir: „Wir reisen aber morgen ab und können nicht länger bleiben“.
Er: „Das macht nichts, die verkaufen Tickets für die kommenden Tage, mit denen man heute schon Zutritt hat.“
Wir: „Aber es dürfen doch nur 2.500 Personen pro Tag rein.“
Er: “ Das interessiert hier keinen.“

Wir können kaum glauben, dass er Recht hat, doch haben ja sowieso nichts mehr zu verlieren. Mittler Weile ist es 6h45 und der Tag ist mehr als gelaufen. Also nehmen wir als Einzige (logischer Weise) den Shuttle zurück nach Aguas Calientes und beten, dass der Traum doch noch nicht geplatzt ist.
Schweißgebadet stehen wir an der Ticketschlange und beobachten, wie Tickets über den Tresen gehen. Klappt es doch? Kaum vorstellbar? Wie erklärt man eigentlich auf Spanisch, dass man auf jeden Fall heute noch Einlass braucht? Aller Stress ist umsonst:

Wir betreten am 29.10.2014 um 8h10 mit Tickets für den 01.11.2014 endlich die Ruinen von Machu Picchu. 

Soll man nun lachen oder weinen, dass sich die Verantwortlichen den Vorgaben der UNESCO widersetzen und mehr Besucher zulassen? Eigentlich sollte man weinen, aber heute ist uns alles egal.
Wie im 7. Himmel schweben wir durch die Anlage. Nach mehr als 6 Stunden kennen wir jeden Centimeter und sind einfach nur glücklich, hier gewesen zu sein.
YES, WE MADE IT!

 

4 Kommentare zu “Wie wir scheitern, Machu Picchu zu sehen

  1. Pingback: Grenze Allenby / King Hussein Bridge | Reiseblog Expedition Lieblingsorte

    • Ja, im Nachhinein können wir auch ein bisschen darüber schmunzeln. In dem Augenblick, als wir dort oben standen, hatten wir Tränen in den Augen…

  2. Pingback: Petra (Jordanien) | Reiseblog Expedition Lieblingsorte

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