Energie tanken am Baikalsee

Blauer See und grüne Wiesen in Sibirien

Nach Tausenden Kilometern quer durch Russland erreichen wir den Baikal-See. Der See, um den sich so viele Geschichten und Mythen drehen. Der tiefste See der Welt, der größte Süßwasser-See der Welt. Ein Traum geht in Erfüllung als wir das erste Mal das Wasser erblicken.

Per Minibus von Irkutsk auf die Olchon-Insel

Wer dem See so richtig nah sein möchte, fährt auf die Olchon-Insel. Wir hatten – ehrlicher Weise – gar keinen wirklichen Plan, was es mit dieser Insel auf sich hat. Gut, dass wir uns dazu entschieden haben, den vielen Tipps zu folgen und auf die Insel zu fahren. Schon die sechsstündige Anreise mit dem Minibus (1.000 Rubel per Person) ist ein Highlight. Der Bus holt uns am Hostel ab (Buchung über https://www.olkhon.info) und bereits nach ein paar Minuten sind wir raus aus Irkutsk. Die nächsten Stunden geht es durch sibirische Landschaft. Wie im Film. Ein paar Wildpferde, ein paar glücklich grasende Kühe. Sattgrüne Wiesen, einzigartige Weiten. 

Der Bus stoppt zur Mittagspause an einem einfache Restaurant. Wir sättigen uns lieber mit unseren mitgebrachten Snacks. Das Restaurant sieht nicht so wirklich vertrauenserweckend aus.

Fünf Minuten Fährüberfahrt zu Olchon-Insel

Nach etwa fünf Fahrerei erhaschen wir den ersten Blick auf den See. Gespenstisch nebelig liegt er vor uns. In den letzten Stunden hat es extrem geregnet. Die Berge sind Wolken verhangen, es weht ein rauer Wind als wir den Bus verlassen und auf die Fähre warten. Autos und Passagiere füllen die Fähre recht schnell und nach fünf Minuten Fahrt betreten wir auch schon den Boden der heiligen Schamanen-Insel. Dieser Ort ist für die Schamanen einer der fünf wichtigsten Plätze der Welt. Wir sind gespannt, ob wir davon in den kommenden vier Tagen etwas mitbekommen werden. Im Dauerregen geht es über rutschige Schlamm-Pisten weiter bis in den Hauptort Khuzhir. 

Dem Hauptort entfliehen

Der Ort gibt nicht viel her. Die Holzhäuser und Zäune sind zusammengeflickt und man fühlt sich eher wie auf einer großen Dauer-Baustelle. Überall liegen Baumaterialien und Gedöns herum. Zeit, der Stadt den Rücken zu kehren. Die klassische Tour geht in den Norden der Insel zum Cape Khobol. Gemeinsam mit Yolanda und Konstantin aus Stuttgart buchen wir die Tour für je 1.200 Rubel pro Person. Alle Touren kann man kurzfristig am Vorabend in der Touristeninformation in der Hauptstraße oder bei einer der vielen Agenturen buchen. Die Preise sind überall identisch.

Der nächste Tag startet bereits mit einem Highlight: dem Fahrzeug. Wir besteigen mit vier weiteren Touristen (einer chinesischen Familie aus Hangzhou und einer Russin) einen einzigartigen Minibus. Das Teil sieht aus wie aus einer anderen Zeit. Sowjet-Erbe im Jahr 2018. Doch noch ahnen wir nicht, welchen Dienst uns unser Spritzer später erweisen wird.

Off-Road zum Cape Khobol

Der Starkregen der letzten Tage hat die Wege ist Matsch-Pisten verwandelt. Gemeinsam mit etwa 20 weiteren Fahrzeugen geht es durch Pfützen, schlammige Spurrillen und über steile Hügel gen Norden. Die Tour ist die beste Off-Road-Action aller Zeiten. Das Auto wackelt, quietscht und ruckelt. Wir warten fast darauf, umzukippen. Kaum vorstellbar, wie diese Schieflagen gemeistert werden. Die Piste ist keine Piste mehr. Es ist eine einzige Schlammwelt gepaart mit schwindelerregenden Abfahrten. Der Hammer. In anderen Ländern wäre die Tour längst wegen Unbefahrbarkeit der „Straße“ abgesagt worden. Hier nicht. Unser Fahrer zeigt sein ganzes Können und bringt uns sicher, wenn auch holprig, von Stopp zu Stopp. Ganz anderes einige private Geländewagen. Die haben mit den Gegebenheiten ziemlich zu kämpfen. Wir sehen Fahrzeuge, die ziemlich hilflos im Schlamm stecken.

Schroffe Klippen und Schamanen-Fahnen

Dann halten wir an und torkeln aus dem Auto. Fester Boden unter den Füßen. Erst einmal durchatmen und strecken. Der Blick geht in die Ferne. Unter uns liegt der Baikal-See. Am Horizont verstecken sich die Berge des Festlandes in den Wolken. Der Baikal-See hat eine Länge von 680 Kilometern und misst an der breitesten Stelle 85 Kilometer.
See? Das hier wirkt eher ein Meer. Die imposanten Klippen wecken Erinnerungen an Cornwall und den Abel Tasman Nationalpark in Neuseeland.

Wind lässt die bunten Schamanen-Fahnen wehen. Schamanen-Geist liegt in der Luft. Die Landschaft ist schroff und der Alltag hart. Da braucht es übersinnliche Kräfte zum Überleben. An den Fahnen legen viele ein paar Münzen nieder. Als Geschenk an die Schamanen – und, um Kummer und Leid zu vertreiben. Wir nehmen ein bisschen von dem Zauber mit und bestaunen die unberührte, wunderschöne Natur.

Zum Abschluss gibt es Picknick im Wald: selbstgekochte, leckere Fischsuppe. Dann geht die aufregende Fahrt zurück nach Khuzhir. Happy und durchgerüttelt sinken wir später in die gemütlichen Betten.

Energie tanken auf der Olchon-Insel

Wow, diese Insel tut gut. Frühstück im Freien und dann ab in die Pampa. Auch ohne Off-Road-Auto läßt sich die Insel wunderbar erkunden. Zu Fuß zum Beispiel. Kilometerlang wandern wir an der Küste entlang. Vorbei an grünen, leeren Wiesen auf denen ein paar bunte Wildblumen der Sonne ihre Köpfe entgegen recken.
Außerhalb von Khuzhir ist auf Olchon nicht viel los. Weite Buchten mit Sandstränden ziehen im Sommer hartgesottene Camper an. Doch auch die haben ihre Ruhe. Am Baikal-See ist mehr als genug Platz für alle. Auch für die Kühe. Die liegen faul am Strand in der Sonne und erfrischen sich im Süßwasser-See. In der Ferne sehen wir eine Pferdeherde grasen. Ganz ohne Zäune. Einfach frei. Nach Stunden in dieser atemberaubenden Landschaft sind auch unsere Köpfe frei. Zufriedenheit und Entspannung machen sich breit. Natur tut so gut. Der Baikal-See auch.

Eisbad im Baikal-See

Und zum Abschluss? Unser Schweizer Kumpel Daniel stiftet uns zu einem Bad im Baikal-See an. Hmmh… Wenn man mit den Füßen ins Wasser geht, ist es schon mächtig kalt. Kälter als in Lettland, wo wir in Jūrmala in der Ostsee gebadet haben.
Schwimmen? Nein, oder? Die Sonne ist nicht wirklich warm und es weht ein teilweise recht kalter Wind vom See hinüber zum Strand…
Baikal-See ohne Baden? Geht doch nicht. Wenn uns später mal jemand fragt und wir verneinen, gebadet zu haben. Irgendwie auch uncool. Also – nicht lange fackeln, sonst überlegen wir es uns doch noch anderes. Badeklamotten an und hinein in die Fluten. Hammer! Kalt! Geil! Nach maximal 30 Sekunden ist es vorbei. Zu kalt. Doch wir haben es getan! Nun schnell zurück in die Unterkunft und ab unter die heiße Dusche.

Das besondere Insel-Klima auf der Olchon-Insel

Interessanter Weise herrscht hier nicht das typische, sibirische Klima. Die Olchon-Insel hat vier Jahreszeiten. Anders als beispielsweise Irkutsk, wo man nur heißen Sommer und kalten Winter kennt. Dank des Baikal-Sees hat die Olchon-Insel ihr eigenes Klima. Viele Pflanzen und Tiere können hier nur überleben, weil der See die winterliche Kälte und die sommerliche Hitze anzieht. So wird es auf der Insel im Winter nur zwischen -12°C und -17°C kalt und im Sommer nur bis zu 25°C warm. In der Tat sehen wir eine Flora und Fauna, die wesentlich vielfältiger ist als auf dem Festland rund um Irkutsk.
So lässt sich dann übrigens auch erklären, wie es möglich ist, dass der See im Winter komplett zufriert: er zieht sich die Kälte von der Insel.  Über Monate hinweg ist der See komplett zu gefroren. Straßen führen dann über die Eisfläche. Eine sehr spezielle Vorstellung. Einiges Tages kommen wir wieder und erleben den Baikal-See im Winter. 

Was bleibt?

Atemberaubende Landschaften, unberührte Natur, schroffe Klippen, glückliche Kühe, unvergessliche Off-Road-Action. Die Olchon-Insel im Baikal-See ist das landschaftliche Highlight unserer Russland-Tour. Die Ruhe und Gelassenheit, die diese Insel ausstrahlt, muss man einfach mitnehmen. Wir haben die Zeit total genossen und kehren voller Energie nach Irkutsk zurück. 


Unterkunft
Die größte Unterkunft der Insel ist das Nikita’s Homestead im Hauptort Khuzhir. Die Anlage umfasst mehrere Holzhäuser und große Zimmer mit eigenem Bad. Frühstück und Abendessen sind im Preis von 65 € pro Nacht inklusive. Keine ganz günstige Angelegenheit, aber gut gelegen und mit leckeren Pfannkuchen zum Frühstück.

Nikitas Homestead Olchon-Insel

Nikitas Homestead


Restaurants
Im Ort gibt es ein paar sehr einfache Restaurants. Da eigentlich jede Unterkunft Halbpension anbietet, braucht man die Restaurants aber auch gar nicht. Ein einigermaßen gut sortierter Supermarkt liegt in der Hauptstraße.


Reisevorbereitung & unterwegs vor Ort
Zur Vorbereitung auf unsere Reise und als ständiger Reisebegleiter hat sich das englischsprachige Buch Lonely Planet Russia* bewährt. Der Reiseführer ist ideal für einen schnellen Überblick über die Land und Leute, Transport-Verbindungen von A nach B und für Sightseeing-Tipps.
Für unsere Reiseplanung mit der Transsibirischen Eisenbahn von St. Petersburg nach Vladivostok (10.220 Kilometer) nutzen wir den Lonely Planet Trans-Siberian Railway Guide (Country Regional Guides)*.


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2 Kommentare zu “Energie tanken am Baikalsee

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