Terrakotta-Armee: Zwischen Staunen und Sprachlosigkeit

Soldaten der Terrakotta-Armee

Lange, sehr lange wollen wir schon die Terrakotta-Armee sehen. Das ist diese berühmte Sehenswürdigkeit irgendwo im fernen China. Unerreichbar fern.

Doch nun sind wir plötzlich ganz nah. Von der Neun-Millionen-Stadt Xian liegt die Ausgrabungsstätte nur noch eine Bus-Stunde entfernt. 

In der Morgendämmerung zum Ziel

Der Wecker klingelt am Tag der Tage um 5:50 Uhr. Wir wollen pünktlich los, um vor den vielen Reisegruppen am Eingang zu sein. Mit der öffentlichen Buslinie 306 kommt man unkompliziert und vor allem günstig ans Ziel. Auf dem „East Square“ vor dem Hauptbahnhof von Xian fahren die Busse ab. Der 306er kostet sieben Yuan (etwa 90 Cent) pro Person. Die Terrakotta-Armee liegt direkt an der Endstation. 

Viel Platz zum Staunen

Als wir um 8:40 Uhr die Anlage betreten, sind erst sehr wenige Besucher da. Der Eintritt von 150 Yuan (ca. 19 €) ist nicht gerade wenig. Naja. Diesen Ort werden wir wahrscheinlich nur einmal im Leben besuchen. Die Ausgrabungen finden sich in drei großen Hallen, die an Pferde-Dressur-Hallen erinnern…

Die größte Armee in Halle 1

Wir betreten die erste Halle und bleiben wie angewurzelt stehen. Hammer! Da steht sie. Die Terrakotta-Armee. Tatsächlich. Live. Wow. Mehr als 2.400 Soldatenfiguren. Mühevoll zusammengeklebt aus Hunderten Einzelteilen. Die Figuren sind mannshoch und jede sieht anders aus. Kopf, Frisur, Hände, Schuhe und Bauchumfang variieren von Figur zu Figur. In Zweierreihen blicken sie uns an. Wo sollen wir eigentlich zuerst hinschauen? Auf die einzelnen Gesichter? Auf die verschiedenen Frisuren und Kopfbedeckungen? Oder auf die Wissenschaftler, die auf dem Boden hocken und mit weiteren Ausgrabungen beschäftigt sind?

Lebenswerk von 700.000 Chinesen

Die Besucher können einmal um die gesamte Grube herumgehen. Zwischen den Soldaten stehen große Pferde aus Terrakotta. Einzelteile von zerbrochenen Schuhen oder Köpfen liegen auf dem Boden und warten darauf, zusammen gebaut zu werden. Teilweise sind die Figuren in viele Stücke zerbrochen, so dass es noch sehr lange dauern wird, bis weitere Soldaten komplettiert in die Reihe gestellt werden können. 

Es ist kaum vorstellbar, was hier geschaffen wurde. Vor mehr als 2.000 Jahren!
Der erste Kaiser Chinas Qín Shǐhuángdì ließ sein Mausoleum mit dieser einmaligen Armee aus Terrakotta von 700.000 (Zwangs)Arbeitern errichten. Teilweise haben bis zu 1,4 Millionen mitgearbeitet. Große Teile der Anlage liegen noch unter der Erde. 

Beeindruckende Feinarbeit

Mehr als Dreiviertel der Halle 1 sind noch nicht ausgegraben. Die frühere Dachkonstruktion und die Zwischenmauern, die die Armee geschützt haben, sind teilweise noch zu erkennen. Im vorderen Bereich der Halle stehen die restaurierten Soldaten zwischen den Mauern. Im hinteren Bereich ist noch viel zu tun. Hier ist im Moment nur eine Fläche aus festem Sand. Die Zwischenräume der Mauern müssen ausgegraben werden, um die Figuren freizulegen, die beim Einsturz der Halle seinerzeit verschüttet wurden. 

Auf kleinen Stühlen hocken chinesische Wissenschaftler und lockern den Sand mit feinen Werkzeugen. Immer wieder wird der gelockerte Sand mit einem Besen weggefegt, um zu prüfen, ob neue Terrakotta-Teile zum Vorschein kommen. Es ist eine Feinstarbeit, die sehr beeindruckend ist. Wir könnten noch ewig hier stehen und dabei zu sehen, wie man Zentimeter um Zentimeter den Boden durchforstet. Um die Mitarbeiter herum liegen ausgegrabene Terrakotta-Teile, markiert mit bunten Klebezetteln. Gefundenes wird haarklein notiert. Eines Tages wird aus den vielen Einzelteilen ein Soldat oder ein Pferd entstehen. Die Arbeit dauert lange. In 40 Jahren hat man „nur“ etwa 6.000 Soldaten zusammengebaut. Hunderte – oder vielleicht Tausende – werden noch folgen.

Der Grabhügel des Kaisers selbst ist im Übrigen noch gar nicht angefasst worden. Wer weiß, was da noch zu erwarten ist?! 

Die Kommandozentrale in Halle 2

In Halle 2 fand man bislang die wenigsten Soldaten. Sie wird deswegen die „Kommandozentrale“ genannt. Hier wurde die Kampf-Taktik geschmiedet. Die bisher komplettierten Soldaten-Figuren tragen Schutzschilder. Ein Zeichen des höheren Ranges in der Armee. Ja, der Kaiser hatte eine ganz genaue Vorstellung von der Armee, die ihn bei seiner Wiedergeburt schützen sollte. Und das bereits vor mehr als 2.000 Jahren. 

„Schlachtfeld“ in Halle 3

Die Ausgrabungen in Halle 3 sind längst nicht so weit fortgeschritten wie in den anderen Hallen. Der Anblick hier erinnert eher ein wenig an ein Schlachtfeld. So ein bisschen wie im Film. Auf dem Boden liegen Beine, Korso, Köpfe und Hände quer durcheinander. Glücklicherweise war hier keine Schlacht. Die ausgegrabenen Teile warten darauf, kategorisiert zu werden. Irgendwann werden daraus Soldaten. Auch hier gibt es noch soviel zu tun. Ob man jemals fertig wird? Für uns ist es besonders interessant zu sehen, dass längst nicht alles ausgegraben und restauriert ist. Die Arbeiten sind noch in vollem Gange.

Was bleibt?

Sprachlosigkeit!
Klar, wir hatten eine Vorstellung, was uns hier erwarten würde. Doch das, was wir gesehen haben, war etwas ganz anders. Wir hatten eine große Fläche, auf der die bislang fertiggestellten 6.000 Soldaten stehen, erwartet. Soldaten soweit das Auge reicht. So wie eben auf den Bildern, die man zur Terrakotta-Armee im Reiseführer und im Internet sieht.
Stattdessen ist man mitten in den Ausgrabungsarbeiten. Markierte Einzelteile, abgesperrte Bereiche, akribische arbeitende Wissenschaftler. Inmitten der zahlreichen Touristen. Toll, dass man so nah dran sein darf an diesem Meisterwerk. Ein Meisterwerk zur damaligen Zeit. Aber auch ein Meisterwerk in der heutigen Zeit. Die Sorgfalt mit der gearbeitet werden muss und der Aufwand, der betrieben wird, um dieses Kulturerbe zu erhalten, sind beeindruckend. 

Die Massen quetschen sind mittlerweile an den Zaun der Ausgrabungsflächen. Zeit zurück nach Xian zu fahren. 


Reiseplanung & unterwegs vor Ort
Mit dem Bus 306 fährt man unkompliziert bis zur Anlage. Der Bus fährt etwa eine Stunde und startet am „East Square“ des Bahnhofs von Xian. Die Fahrt kostet sieben Yuan (etwa 90 Cent) pro Person.

Vom Flughafen von Xian fährt ein Bus in die Altstadt. Der Bus fährt etwa eine Stunde uns kostet 25 Yuan (etwa drei Euro) pro Person. Zurück zum Flughafen fährt der Shuttle etwa alle 20 Minuten ab dem Longhai Hotel direkt an der Metrostation Wulukou.

Zur Vorbereitung auf unsere Reise und als ständiger Reisebegleiter hat sich das deutschsprachige Buch Lonely Planet China* bewährt. Der Reiseführer liefert für einen schnellen Überblick über Land und Leute, Informationen zu den verschiedenen Regionen und Städten, Sightseeing-Tipps und vieles mehr.


Internet in China
Noch nie haben wir so viele Menschen gesehen, die permanent mit ihren Handys beschäftigt sind, wie in China. China ist online. Sei es zum Serien gucken, während der Metrofahrt oder zum Ballerspiel spielen im Apple Store. Vor allem dank WeChat ist der Chinese einer unendlichen Informationsflut ausgesetzt, die irgendwie verarbeitet werden muss.

Für Ausländer ist das Nutzen des Internets in China etwas schwieriger. Bekannte Seiten und Dienste wie Google, Twitter, Instagram und Facebook sind gesperrt. Gerade ohne Google ist man unterwegs echt aufgeschmissen. Weder Routen-Suche noch Restaurantbewertungen oder die klassische Google-Recherche sind möglich. Um diese Blockaden zu umgehen, braucht man einen sogenannten VPN-Zugang – oder man hilft sich mit Alternativen aus… Die kostenlosen VPN-Dienste sind mehr oder weniger schwankend. Einige funktionieren nur, wenn das Gerät nicht gleichzeitig im WLAN ist. Den Dienst „ExpressVPN*“ gibt es ab 8,99 € und hat bei uns gut funktioniert. Dennoch muss man beachten, dass die Antwortzeiten der „nicht gewünschten, ausländischen“ Seiten, Anwendungen und Dienste in China gedrosselt werden. Auch mit VPN kann es sehr mühsam sein, das Internet zu nutzen.

Wichtig: Die VPN-App muss vor (!) der Einreise nach China heruntergeladen werden, da die App-Stores die Anwendungen nicht mehr anzeigen, sobald man im chinesischen Netz ist.


Lokale SIM-Karte in China nutzen
Der Anbieter China Mobile ist der größte Mobilfunkanbieter der Welt, mit sage und schreibe 720 Millionen Kunden. Leider nützt es aber wenig, sich eine SIM-Karte von China Mobile zu zulegen, da diese nicht VPN-kompatibel sind.
Uns hat der Service und die Netzabdeckung von China Unicom gut gefallen. Wir haben für eine Gültigkeit von sechs Wochen für 20 Gigabyte Datenvolumen und 300 Freiminuten (nur lokale Anrufe) 26,00 € (200 Yuan) bezahlt. Sofern notwendig, liefen auch alle Anwendungen mit aktiver VPN-Leitung. Für den Kauf der SIM-Karte ist der Reisepass vorzulegen. Weitere Tipps zum Kauf von lokalen SIM-Karten findest du hier.


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9 Kommentare zu “Terrakotta-Armee: Zwischen Staunen und Sprachlosigkeit

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